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1. Bergische Sagen - S. 29

1911 - Elberfeld : Bacmeister
- 29 - und wollte sie gerne zur Gemahlin haben. Eines Tages machte er sich daher auf nach Schloß Hammerstein und bat den Herrn von Kettler um die Hand seiner Tochter Mechthilde. Der Vater wollte die zarte Jungfrau dem rauhen, wilden Ritter nicht an- vertrauen und gab dem Freier eine abschlägige Antwort. Der aber stieß drohende Worte aus und kehrte voll Ingrimm auf seine Burg zurück. Er sammelte seine Kriegsgesellen und be- lagerte die Burg Hammerstein, um die Jungfrau zu rauben. Er wurde aber zurückgeschlagen. Da der Vater fürchtete, daß der wilde Ritter nicht ruhen würde, bis er sein Ziel erreicht hätte, so brachte er seine Tochter in das Kloster zu Gräfrath und ließ sie Nonne werden. Aber Wolfgang von Kronenburg gab sich auch jetzt noch nicht zufrieden. Er sann einen Plan aus, wie er die Jungfrau in seine Gewalt bekommen könnte. Eines Tages gingen die Nonnen von Gräfrath in einer Prozession in den Wald. Wolf- gang von Kronenburg hatte davon gehört und hielt sich mit seinen Spießgesellen im Dickicht des Waldes versteckt. Die Jung- srauen gingen, fromme Lieder singend, nichts ahnend, dahin. Da mit einem Male brachen die Raubgesellen aus dem Dickicht hervor. Eine unbeschreibliche Verwirrung entstand unter den andächtigen Nonnen. Wolfgang aber hob die zitternde Mecht- Hilde auf sein Roß und jagte mit seiner Beute und seinen Kriegs- knechten davon. Der Klostervogt eilte mit seinen Knechten dem frechen Räuber nach und holte ihn am Ufer der Wupper ein. Als Wolfgang merkte, daß die Verfolger ihm dicht auf den Fersen waren, gab er die geraubte Jungsrau einem seiner Spieß- gesellen, damit er sie nach der Kronenburg in Sicherheit bringe. Er selbst riß sein Pferd herum, jagte seinen Verfolgern entgegen und schlug den Klostervogt mit seinem Schwerte nieder. Die Begleiter dieses wackeren Manne? ergriffen feige die Flucht. Der Nonnenräuber ritt nach seiner Burg und machte Mechthilde zu seiner Gemahlin. Die Äbtissin des Klosters von Gräfrath wollte den Frevel nicht ungerächt lassen und verklagte den Räuber bei dem Bischof von Köln, unter dessen Schutz ihr Kloster stand. Der Bischof sprach den Kirchenbann über den Ritter von Kronenburg aus. Der aber verhöhnte ihn und weigerte sich, Buße zu tun. Seine Burg wurde von dem Bischof und seinen Kriegsknechten belagert, aber hinter seinen Mauern trotzte Wolfgang den Angriffen der Feinde. Sie zogen endlich ab.

2. Bergische Sagen - S. 31

1911 - Elberfeld : Bacmeister
- 31 - will dir als treuer Freund in jedem Kampfe helfen. Nur wünscht er zweierlei: Du darfst nicht fragen, wie er heißt, und nicht verlangen, daß er seinen Helm abnehme." Wirich von Nesselrat war hiermit einverstanden, und vergnüglich ritten alle weiter. Als sie in einem freundlichen Wiefental angelangt waren, wurde geruht. Die Männer lagerten im Tale. Der neue Ge- fährte suchte mit seinen Knappen eine nahe Waldwiese aus. Wirich hätte gar zu gern gewußt, wer der fremde Ritter fei, und daher folgte er heimlich dem neuen Freunde nach. Alle hatten ihre Helme abgelegt. Kaum bemerkten sie den Eindrina- ling, als sie ihr Haupt wieder bedeckten. Doch es war zu spät; Wirich hatte in dem sremden Ritter seine Gemahlin erkannt. E? lobte zwar ihr schmuckes, ritterliches Aussehen, doch erlaubte er nicht, daß sie ihn weiter begleite. „Ich will deine Tapferkeit," sagte er ihr zum Tröste, „später ewmal auf die Probe stellen. Bestehst du diese, dann darfst du ein andermal mit in den Streit ziehen." Kunigunde zog traurig heim. Wirich kehrte auch bald um; denn unterwegs erhielt er die Nachricht, daß der Streit schon beendet sei. Als er das Tal von Leichlingen wieder erreicht hatte, war es den kampfeslustigen Männern nicht nach dem Sinn, fchon zur Ruhe zu gehen. Wirich hatte einen abenteuerlichen Plan erdacht, den sie gleich aus- führten. Er wollte sofort die Tapferkeit feiner Gemahlin er- proben. Er stellte sich, als wolle er mit seinen Leuten die Burg Nesselrat erstürmen. Deshalb ließen sie von allen Seiten her Kriegslärm erschallen. Der Turmwächter rief sofort den Burg- bewohnern zu: „Ein Feind zieht heran!" Nun ließ Kunigunde alle Mannschaften, die noch in der Burg waren, zur Verteidigung antreten. Sie selber stellte sich mit Panzer und Schwert an die Stelle, wo die Gefahr am größten war. Seit den Tagen der Kindheit wußte Wirich einen geheimen Zugang zur Burg, der aber so eng war, daß der Ritter Panzer und Schwert ablegen mußte, wenn er hindurch wollte. Er fürchtete sich nicht, ohne Waffen die Burg zu betreten. „Denn," dachte er, „will mich wirklich jemand angreifen, dann brauche ich ja nur meinen Namen zu nennen." Doch es kam anders. Der Ritter erstieg die Burg auf jenem verborgenen Pfade, während seine Knappen im Tale den Kriegslärm fortsetzten. Als er im Burghof angelangt war, stürzte sich seine Gemahlin,

3. Bergische Sagen - S. 34

1911 - Elberfeld : Bacmeister
- 34 - sich die Augen und sagte gähnend nach langem Besinnen: „Die Brote Hab' ich, so wie sie aus dem Backofen kamen, zu meinem Ochsenbrätlein gegessen. Wenn ihr mir alle Tage solche Mahl- zeit gebt, so will ich für euch arbeiten, so viel ich nur kann." Da sahen die Heiden einander an und meinten, nun sei es aber Zeit, ihn beiseite zu schaffen. Einer von ihnen sagte: „Geh hinab, Hermel, in unsern Hof, dort sollst du einen Brunnen reinigen, der wohl fünfzig Klafter tief ist. Dafür sollst du dann ein Abendbrot haben, wie du es gerne hast." Der gutmütige Bursche war's zufrieden. Er stieg getrost in den Brunnen hinab und füllte den Schlamm in Eimer, die dann hinaufgezogen wurden. Die falschen Gesellen wälzten eine Menge dicker Steine an den Rand des Brunnens. Als sie einen ganzen Haufen aufgeschichtet hatten, stießen sie die Steine hin- unter in den Brunnen, damit der gute Hermel zerschmettert würde. Der sang ein lustiges Liedlein bei seiner Arbeit unten in der Tiefe und ließ sich auch anfangs durch die herabfallenden Steine in seinem Gesang nicht stören. Als sie's ihm aber gar zu bunt machten, rief er mit lauter Stimme hinauf: „Jagt mir doch die Hühner dort oben weg, sie scharren mir so viel Kies und Staub in die Augen, daß ich nicht recht sehen kann." „Na," meinten oben die feigen Gesellen, „wenn du das Kies nennst, so wollen wir dir etwas anderes bringen, daß dir der Spott vergeht." Zehn Mann mußten mit Hebebäumen einen gewaltigen Mühlstein an den Rand des Brunnens schleppen und ihn hinein- rollen. Nun jubelten sie: „So, jetzt hat er sein Teil; nun wird ihm wohl der Spott vergehen!" Der starke Hermel lachte recht herzlich und rief munter hinauf: „Habt Dank, ihr Herren, für dt'n schönen, dauerhaften Halskragen, den ihr mir geschenkt habt?" Die Heiden trauten ihren Ohren nicht; doch als sie hinabschauten in den Brunnen, sahen sie ihn ruhig fortarbeiten. Den Mühlstein hatte er wie ein Kräglein um den Hals. Da entsetzten sich die Heiden und wurden noch zorniger. Sie dachten sich schnell noch einen Plan aus, um den übermütigen Burschen zu verderben. Auf einem Lastwagen, der von acht Pferden gezogen wurde, schafften sie eine große Turmglocke her- bei und stürzten sie hinab in die Tiefe. Sie dachten, nun werde der grobe Bursche gewiß zerschmettert in der Tiefe liegen, aber der ließ sich in seiner Arbeit und in seinem Gesänge nicht stören. Er rief nur hinauf: „Vielen Dank, ihr Herren, für die schöne

4. Bergische Sagen - S. 36

1911 - Elberfeld : Bacmeister
- 36 - Wie sie den starken Gesellen beiseite schaffen könnten. Sie riefen ihn am Morgen herbei und sagten: „Hermel, du machst uns noch zu armen Leuten, wenn du länger bei uns bleibst. Drum gehe in die Hölle zum Teufel und sage ihm, er solle dir einen großen Sack voll Gold geben, so schwer du ihn nur tragen kannst. Wenn du uns den bringst, so sollst du immer gute Tage bei uns haben." Der gute Hermel war's zufrieden und bat die Herren nur noch, ihm den Weg zur Hölle zu zeigen. Sie gaben ihm einen Burschen mit, der ihn bis zum Heidenkeller bei Vollberg führte. Als der wieder heimkam, erzählte er den Heiden, daß der starke Hermel hinabgestiegen sei in die Teufelshöhle. Da jubelten die Heiden und riefen: „So, den sind wir nun glücklich los. Der Teufel wird dem Schlingel schon den Garaus machen." Der starke Hermel aber hatte inzwischen schwere Arbeit. Als er in den Heidenkeller hinabgestiegen war, befand er sich in einem langen, düstern Gang. Er mochte wohl eine Stunde gegangen sein, da kam er an eine geschlossene Tür, die ihm den Weg versperrte. Er schüttelte und rüttelte daran, aber umsonst. Dann trat er mit Macht gegen die Tür, und sie sprang mit gewaltigem Krachen aus. Der starke Hermel sah unten einen weiten Raum, der von vielen Feuern erleuchtet wurde. In dem flackernden Schein bewegten sich wunderliche Gestalten. Große Fledermäuse flatterten dem Wanderer um den Kopf. Der aber ließ sich nicht bange machen, sondern schlug mit dem mitgebrachten Sacke nach den Fledermäusen und ging keck und zuversichtlich die Treppe hinunter. Da hüpfte ihm der Teufel entgegen, dem er gestern das Bein abgerieben hatte. Der war wütend herbei- geeilt, um zu sehen, wer solchen Lärm an der Türe mache. Als er aber den starken Hermel erblickte, da hielt er sich ängstlich das Bein fest, das er noch hatte, und hopste heulend davon, so schnell er nur konnte. Nun wurde Hermel zu dem Obersten der Teufel geführt. Der sah gar grimmig aus und saß aus einem feurigen Thron. Er fragte den Jüngling nach seinem Begehr und faßte gleich nach seinem Halse. Hermel schlug ihn tüchtig auf die Finger und erzählte ganz treuherzig, weshalb er hergekommen. Der Teufel lächelte und sagte: „Du bist ein wackerer Bursche. Wenn du mir die drei Kunststücke nachmachen kannst, die ich dir vor- mache, so sollst du den Sack voll Geld haben. Kannst du's aber nicht, so bist du mein eigen." „Nur heraus damit, Herr Teufel?" sagte Hermel keck.

5. Bergische Sagen - S. 37

1911 - Elberfeld : Bacmeister
- 37 - Der Höllenfürst holte ein gewaltiges Jagdhorn herbei, das war unten so weit wie ein großes Faß. „So, nun wollen wir sehen," sagte er, „wer am besten blasen kann." Er setzte das Horn an und tutete so mächtig, daß der ganze Berg erbebte und sechs Feuer, die am nächsten waren, erloschen. Als der starke Hermel das Horn zum Blasen ansetzte, gab es keinen Ton, sondern einen Knall, und das Horn zerplatzte wie eine Seisen- blase. Die Metallstücke flogen dem Teufel an den Kopf, daß die Hörner wackelten und ihm die Nase blutete. Wohl hundert Flämmchen erloschen, und die beiden Bläser standen im Dunkeln. Der Teufel wunderte sich, holte einen schweren Stein, so groß wie ein Backhaus, und warf ihn fenkrecht in die Höhe, daß er wohl die Spitze eines Pappelbaumes erreicht hätte. Als nun Äer starke Hermel an die Reihe kam, wog er den Stein wie einen Ball sinnend hin und her und sagte endlich: „Ich will doch eben noch einmal in den Wald springen, ehe ich werfe, und ein paar Eichbäume ausreißen." „Was willst du denn damit?" fragte der Teufel. „Ich will das Gewölbe stützen," meinte Hermel. „Wenn ich werfe, könnte es einstürzen und uns alle begraben." Da wurde der Teufel recht kleinlaut und gab die Wette verloren. Er ließ sich's aber nicht merken, sondern brauchte eine Ausrede, an der es dem arglistigen Teufel ja niemals fehlt. Der wackre Bursche aber wurde auf seinen Befehl zu der höllischen Schatz- kammer geführt. Da füllte er sich seinen Sack mit Gold und Silber und zog wohlgemut zu seinen Herren. Die trauten ihren Augen und Ohren nicht. Sie sreuten sich wohl über den großen Schatz, aber sie fürchteten sich noch mehr als vorher vor dem gewaltigen Burschen. „Er wird uns über kurz oder lang alle totschlagen," meinten sie und überlegten wieder, wie sie ihn los werden könnten. Eines Tages schickten sie den starken Hermel in den Wald, um Holz zu hauen. In kurzer Zeit hatte er eine große Menge Baume gefällt und die zerkleinerten Stämme ausgeschichtet. Dann legte er sich hin, um wie gewöhnlich seinen Mittagsschlaf zu halten. Der war so tief und fest, daß auch das stärkste Geräusch ihn nicht störte. Er lag im Schatten der Holzstöße, die er auf- gerichtet hatte. Da schlichen die hinterlistigen Heiden herbei, häuften ringsum Stroh und Holz aus und zündeten es an. Bald loderten die Flammen hoch auf, und inmitten des feurigen Ringes schlief ahnungslos der gute Hermel. Zuerst hörte man

6. Bergische Sagen - S. 40

1911 - Elberfeld : Bacmeister
- 40 - Freundlichkeit, Sanftmut, Geduld und noch viele Tugenden mehr. Doch der Zeit seligen Zusammenseins wurde ein schnelles Ende bereitet. König Heinrichs Boten erschienen eines Tages auf dem Schlosse Berg und forderten den jungen Grafen auf, dem Könige in einen Krieg zum fernen Böhmerland zu folgen. Da gab der Graf einem Ritter den Auftrag, während seiner Abwesenheit die Burg, die Wälder und Felder, seine ganze Grafschaft zu ver- walten. Er nahm schmerzlichen Abschied von seinem treuen Weibe und zog fort. Während er im fernen Lande von Kampf zu Kampf ziehen mußte, herrschte sein Verwalter in der Grafschaft Berg mit großer Strenge. Nur gegen die schöne Gräfin war er sehr freundlich. Gern suchte er ihre Nähe auf, um sich mit ihr zu unterhalten. So oft die Gräfin aber von ihrem Gemahl sprach, zweifelte er daran, daß er wiederkomme. „Ja," sagte er eines Tages, „sicherlich ist dein Gemahl im Kampfe umgekommen. Du wirst ihn nie wieder- sehen. Siehe, ich will dein Gemahl und deinen beiden Söhnlein ein Vater sein." Die Gräfin aber, die den arglistigen Mann durchschaute, wurde sehr zornig. Sie befahl ihm, sofort die Burg zu verlassen, und drohte ihm, sie werde dem Grafen bc- richten, wie treulos er gegen seinen Herrn handele. Da erschrak der Böse. Er fürchtete mit Recht, sein Herr werde ihn hart bestrafen. Deshalb ersann er einen schlimmen Plan. Er zog zum Grafen ins Böhmerland und erzählte ihm Lüge um Lüge. „Dein Weib," sagte er, „hat sich, als du fort warst, einen anderen Mann genommen, und beide verleben gute Tage in deiner Burg." Der Graf glaubte den falschen Bericht, und voll Zorn eilte er in die Heimat zurück. Ohne erst zu unter- suchen, ob der Ritter auch die Wahrheit geredet, erschlug er in seinem Zorn seine eigene Gemahlin. Die beiden Knäblein ließ er in den tiefen Wald tragen, wo sie die Wölfe zerreißen sollten. Aber siehe! um die kleine Waldwiese, wo die Knäblein aus- gesetzt waren, wuchs eine Rosenhecke, die so dicht war, daß kein wildes Tier hindurchdringen konnte. Alle Tage aber erschien eine liebe, freundliche Frau, die die Kindlein pflegte und für sie sorgte. So verging einige Zeit. Bei einer Jagd durchzogen einst die Dienstmänner des Grafen den Wald. Von einem nahen Hügel aus erblickten sie die Rosenhecke und die Knäblein auf der Waldwiese. Sofort eilten sie zum Grafen und erzählten, was

7. Bergische Sagen - S. IV

1911 - Elberfeld : Bacmeister
- Iv - der Schmied aber vorsichtig gehen," meint eine Kleine, die immer noch beschäftigt ist, die Geschichte vom „Zwergjunkerlein an der Kohlfurt" sich an Ort und Stelle abspielen zu lassen. — „Hat hier der Schmied gewohnt?" fragt eine andere, auf einen verfallenen Schleifkotten zeigend, dessen Schleifsteine untätig in der Wupper liegen. „Solche Steine haben sie dem starken Hermel um den Hals geworfen," ruft eine aus der Schar. Ihr Denken wurde durch den Anblick der Steine zum bergischen Siegfried geführt. Doch die Worte: „War die Wupper früher auch so tief? Dann konnte ja der Schmied das Zipfelmützchen nicht wiederfinden," bringen uns zum Zwergjunkerlein zurück. — Lange könnten wir uns an diesem interessanten Orte aufhalten, wenn nicht die Zeit zum Heimmarsche mahnte. — Eine Gegend aber, in der die Kinder so mit ihrem Denken, mit ihrem Interesse verweilen, muß ihnen lieb und traut werden. — Die sagenumwobene Heimat gewinnt Leben. Ein Kind, das mit den bergischen Sagen ver- traut ist, wird nicht an der Kluse vorübergehen, ohne der fleißigen Zwerge zu gedenken, die in der Vorzeit, als noch keine Bahnen die Gegend beunruhigten, freundlich und harmlos mit den Menschen verkehrten. — Bei einem Gang über den Engelnberg wird es etwas spüren von dem Gruseln der „Schatzgräber". — An dem Rathaus kann es nicht vorübergehen, ohne durch die Geschichte „vom treuen Schildknappen" daran erinnert zu werden, wie Elberfeld seinen Namen erhalten hat. — Ein Gang durchs Kipdors mag sein Denken zurückführen in die Zeit, da die Schmiede hier noch hämmerten oder kippten. — Eine gelegentliche Neifa nach Solingen weckt das Verlangen, auch den Ort „am Rüden" aufzusuchen, und Leichlingen gewinnt an Interesse, weil sich in der Umgegend die traurige Geschichte des Ritters Wirich von Nesselrat abgespielt hat. — Doch genug der Beispiele. Wir sehen, die Gegend ist belebt, nicht mit Menschen der Gegenwart, die dem Kinde unbekannt und darum seinem Herzen fremd sind, nein, mit Gestalten, die der Vorzeit angehören, die ihm auch die Zukunft nicht entreißen wird, weil es sie verwebt in sein Leben mit dem warmen Pulsschlag einer mitfühlenden Seele, mit dem ganzen Farbenreichtum seiner Phantasie. Verweilen wir noch etwas bei der Wirkung auf die Phan- tasie. — Sind Märchen und Sagen nicht eine wahre Fundgrube für die Phantasie unserer Kinder? Darin gewiß liegt zum großen Teil der geheimnisvolle Zauber, mit dem Märchen und Sagen unsere Kleinen gesangen halten. Daß dem so ist, wird keiner leugnen, der je das Aufleuchten in den Blicken gesehen, wenn der Bitte aus Kindermund: „Bitte, eine Geschichte er- zählen," entsprochen wurde. Welcher Lehrer wünschte sich nicht bei allen Unterrichtsstoffen eine gleich ungeteilte Aufmerksamkeit,

8. Bergische Sagen - S. V

1911 - Elberfeld : Bacmeister
wie sie den Märchen und Sagen entgegengebracht wird? Wie geschäftig die Phantasie der Kinder weiter arbeitet, zeigen sie bei ihren Spielen: Zwerge, Ritter, Elfen, gnte und böse Geister, alles suchen sie spielend wiederzuzestalten. — „Hat denn aber diese ganze Phantasterei irgend welchen Nutzen fürs praktische Leben?" werden manche kopfschüttelnd fragen. Diesen möchten wir entgegnen: Laht nur unsere Kleinen ihren Märchenglauben, die Begeisterung für ihre Sagenhelden mit hineinnehmen ins Leben. Sie verstehen schon, sich von ihrer Traumwelt eine Brücke zu schlagen zur Wirklichkeit. Wenn das Kind sich sür das Treiben der Zwerge, Riesen, Elfen begeistert, wenn es mit den Helden der Sage kämpft und leidet, wenn es sich mit ihnen über ihre Erfolge freut und über Mißerfolge mit ihnen trauert, ist es sich wohl bewußt, daß alle diese Gestalten der Wirklichkeit nicht so angehören, wie die Sage berichtet, und doch hat es ein Ver- gnügen an diesen Erzählungen, weil seine Phantasie mit ihnen spielen kann. Märchen und Sagen helfen dem Kinde, sich für das ganze Leben etwas von Poesie und Idealen zu bewahren. — Und all ihr Großen, die ihr leidet unter der Nüchternheit des Alltags, unter der Bürde nie endenwollender Arbeit, unter dem Hasten und Jagen eurer Zeit, ist es nicht erquickend, so etwas von Poesie und Idealen in eurem inwendigen Menschen zu spüren? — Auch darf man nicht einwenden, die Beschäftigung mit Märchen und Sagen erziehe tatenlose Träumer. Warum sollen Kinder, die wirklich in ihren Märchen und Sagen zu Hause waren, im späteren Leben nicht tatkräftig zugreifen, wenn es heißt, anderen zur Hilfe beizuspringen oder in schweren Prü- fungszeiten mutig vorwärts zu schreiten? Arme Kinder, denen das Wunderland der Märchen und Sagen verschlossen bleibt! Mit um so größerer Freude sei darum das Streben begrüßt, l.it'se Stoffe dem Lehrplan unserer Schulen einzufügen. Natur- genwfj wird man die Märchen als das Leichtere und am meisten Kindlich? dem ersten Schuljahr, die heimatlichen Sagen als die stärkere Sp"ise dem zweiten und dritten Schuljahr zuweisen, und die rein historischen Sagen späterer Zeit vorbehalten. Die Schule wird um so bereitwilliger sein, die Sagen und Märchen als Erzählstoffe im Unterricht zu verwenden, je mehr die Lehrenden den großen Wert erkannt haben, den diese Stoffe auch für das Erzählen und Sprechen der Kinder haben. — Klagen über die Zaghaftigkeit der Kleinen beim Antworten, über den großen Mangel an Sprechsc?twkeit, über die Unfähigkeit, etwas im Zusammenhang zu berichten, versiurnmen, sobald ein Märchen, eine Sage wiederzugeben ist. Daß die durch die Märchen und Sagen gewonnene Sprechfertigkeit allen anderen Unterrichtsstoffen zugute kommt, wird kein erfahrener Schulmann

9. Bergische Sagen - S. 43

1911 - Elberfeld : Bacmeister
- 43 - Sünden an. Auf mühseliger Wanderung besuchte er noch viele Wallfahrtsorte und kehrte dann nach Brabant zurück. Sein Weg führte ihn wieder über das Schlachtfeld, und von neuem fühlte er tiefe Trauer über sein früheres Leben. Auf seiner weiteren Wanderung kam er in ein Kloster. Hier vermietete er sich als Hirt. Geduldig und demütig trieb er die Herde tagaus, tagein auf die Weide. Während des Hütens schnitzte er aus Holz Lössel, Schüsselchen, Spielzeug und andere Dinge. Die fertigen Sachen verkaufte er und verteilte das Geld unter die Armen. Auch sammelte er heilsame Kräuter und bereitete daraus Getränke wt> Salben für die Kranken. Von weit und breit brachten die Leute Kranke zu dem klugen Hirten. Sieben Jahre waren so dahingegangen. Niemand ahnte, daß der einfache Schweinehirt ein vornehmer Graf sei. Da ver- irrten sich einst mehrere Ritter im dichten Klosterwald. Der Abend nahte, und sie befahlen einem Reitknecht, auf einen Baum zu klettern und Umschau zu halten. Zu seiner Freude erblickte er in der Nähe einen Hirten. Schnell stieg der Knecht hinunter und eilte auf ihn zu. Wie erstaunte er aber, als er in dem schlichten Hirten seinen geliebten Herrn, den Grafen Eberhard, erkannte. Doch der Hirt stellte sich fremd, sprach zu den Rittern in fremder Sprache und wollte forteilen. Der Reitknecht hielt ihn aber zurück, entfernte das Wams von des Hirten Brust und zeigte auf eine Narbe, an der alle den totgeglaubten Eberhard erkannten. Sie umarmten ihn unter Freudentränen. Unter traulichen Gesprächen erreichten sie das Kloster, wo die Fremden freundlich beherbergt wurden. Am andern Morgen ließen die Ritter, noch ehe die Sonne aufging, ihre Rosse satteln. Alle erwarteten bestimmt, Gras Eberhard werde mit ihnen auf die heimatliche Burg zurückkehren. Doch es half kein Bitten und Flehen. Eberhard nahm Abschied von seinen Freunden und trieb wie immer seine Herde ans. Bald nachher zog er ins Kloster ein und wurde Mönch. Inzwischen verkündeten die bergischen Ritter überall in ihrer Heimat: „Graf Eberhard lebt! Wir haben ihn gefunden?" Da herrschte Jubel bei arm und reich, bei hoch und niedrig. Am größten aber war die Freude bei Graf Adolf. Sofort eilte er nach Brabant, um den Bruder, nach dem er sich von Herzen sehnte, heimzuholen. Doch auch seine Bitten waren vergebens; Graf Eberhard blieb Mönch.

10. Bergische Sagen - S. 44

1911 - Elberfeld : Bacmeister
_ 44 - Traurig zog Graf Adolf -in seine Berge zurück. Tag und Nacht dachte er darüber nach, wie er es anfangen solle, um den geliebten Bruder wieder in seiner Nähe zu haben. Endlich hatte er einen Ausweg gefunden. Er ließ sein Schloß Berg in ein Kloster umwandeln. Dort zog Graf Eberhard als Mönch mit zwölf andern Mönchen ein. Graf Adolf aber baute sich ein neues Schloß: Burg an der Wupper. Jetzt waren die Brüder nur eine kleine Strecke von einander entfernt und konnten wie in ihrer Jugend oft bei einander sein. Als Graf Adolf alt geworden war, ließ er seine Söhne regieren und wurde auch Mönch. Nun waren die beiden Brüder in Liebe vereinigt und führten ein stilles, frommes Leben bis an ihr Ende. Im Dom zu Altenberg wird noch jetzt die Stelle gezeigt, wo die beiden Brüder be- graben sind. 24. Gottesgericht auf Schloß Burg. Der Graf Heinrich von Berg hielt einst auf seinem Schlosse Burg an der Wupper einen Gerichtstag. Unter einer mächtigen Eiche am südlichen Ende des Schloßberges waren alle Richter, Schöffen genannt, um einen langen Tisch versammelt. Neben dem Grafen stand ein Edelknabe, der ein bloßes Schwert in der Hand hielt. Auch jeder Schöffe trug ein solches. Als das Gericht anfangen sollte, nahm der Graf dem Edelknaben das Schwert aus der Hand, schlug dreimal auf den Tisch und legte dann die Waffe vor sich nieder. Ein Herold des Grafen rief nun den Versammelten zu: „Wer eine Klage hat, soll sie vorbringen!" Da trat der junge Engelbrecht vom Boltenberge vor die Schöffen hin, hob seine rechte Hand empor und sprach: „Ich klage den Ritter Gerhard von Steinbach einer schmachvollen Tat an. Im Schwelmer Walde hat er den edlen Gerlach von Scherven hinter- rücks überfallen und ermordet. Wir fanden den Leichnam des Erschlagenen und hatten ihn kaum in Sicherheit gebracht, als unser Feind, der Graf von der Mark, uns überfiel und zehn unserer besten Männer erschlug. Gerhard von Steinbach hatte uns dem Feind verraten. Zwölf Männer aus unserer Ritter- schast können bezeugen, daß Gerhard von Steinbach ein feiger Verräter und Mörder ist." Kaum hatte der Ankläger ausgeredet, als sich ein lautes Murren unter den Rittern erhob. Alle liebten Gerhard von
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